CO₂-Bepreisung und Auswirkungen auf Heiz- und Tankrechnungen – oder warum die Glaskugel manchmal beschlägt

Was steckt hinter dem CO₂-Preis? Welche Auswirkungen hat er auf Ihre Heiz- und Tankkosten? Und wie viel „Voraussagbarkeit“ bietet ein politisches Lenkungsinstrument, das unser Verhalten verändern soll? Hier ein Versuch, Licht ins Dunkel zu bringen – damit Sie die emotionale Berichterstattung gelassen einordnen und gute Entscheidungen treffen können.

1. Schlagzeilen zwischen Panik und Entwarnung

Eine kleine Auswahl aktueller Schlagzeilen zur CO₂-Bepreisung – mal dramatisch, mal beruhigend, häufig widersprüchlich:

Bild, 5. Februar 2025: „Steigende CO₂-Abgabe – Heizkosten könnten bis zu 1000 Euro raufknallen“
Bild, 8. Februar 2025: „Sprit 2027 bis zu 38 Cent teurer! Bundestag beschließt Tank-Hammer“
agrarheute, 10. Februar 2025: „CO2-Steuer explodiert auf 200 Euro: Heizkosten plus 1000 Euro, Diesel plus 60 Cent“
Focus Online, 12. Februar 2025: „ADAC warnt nach Bundestags-Beschluss vor Spritpreis-Explosion“
Focus Online, 13. März 2025: „Professor gibt Entwarnung beim Spritpreis-Hammer: Könnte sogar billiger werden“
Bild, 16. April 2025: „Es wird zunächst einmal für alle teurer, kündigte CDU-Chef Friedrich Merz am Sonntag bei Caren Miosga an. Gemeint: der weiter steigende CO₂-Preis, der die Bürger beim Tanken und Heizen trifft“
Bild, 19. April 2025: „Tanken und Heizen sollen wieder billiger werden“

Das Interessante daran: An den zugrundeliegenden Rahmenbedingungen hat sich in den letzten Monaten nichts Wesentliches geändert. Die Faktenlage:

Der Europäische Emissionshandel 1 (EU-ETS 1) reduziert auf marktwirtschaftlicher Basis bereits seit längerem (2005) den Ausstoß klimaschädlicher Gase in Europa für den Stromsektor, bei energieintensiven Industrien, dem Flugverkehr (seit 2012) und seit kurzen (2024) auch den Seeverkehr.
Der Europäische Emissionshandel 2 (EU-ETS 2) für Emissionshandel im Gebäude (“Wärme”) und Verkehrssektor ist längst beschlossen. Der Start ist für 2027 angesetzt. Bis dahin gelten nationale Übergangsregelungen.

Warum also diese Schlagzeilenflut bei stabiler Faktenlage?

Die Antwort: Unsicherheit. Niemand besitzt eine Glaskugel. Prognosen beruhen auf Modellrechnungen, die auf verschiedenen Annahmen fußen. Und diese wiederum hängen vom jeweiligen Szenario, Weltbild oder politischen Ziel ab.

Die Spannbreite der Ergebnisse ist entsprechend groß – ideale Voraussetzungen für auflagenstarke Schlagzeilen und reichlich Klicks.

2. Warum gibt es CO₂-Preise auch für Gebäude und Verkehr – und wie funktionieren sie?

Ein CO₂-Preis macht fossile Energieträger teurer – das ist politisch gewollt. Denn wer für CO₂-Emissionen zahlt, hat einen Anreiz, in klimafreundlichere Alternativen zu investieren. Ziel ist eine steuerungswirksame und technologieoffene Klimapolitik.

Der CO2-Bepreisungs Fahrplan für Wärme und Verkehr:

Bis 2025: National festgelegter Preis, jährlich steigend – derzeit 55 €/t CO₂
2026: Marktbasierend, Korridor: 55–65 €/t CO₂
Ab 2027: EU-weiter Emissionshandel für Gebäude und Verkehr (ETS 2), mit frei handelbarem Preis und Sicherheitsmechanismen. Es gibt klare Emissionsobergrenzen, um die EU-Klimaziele zu erreichen

Wichtig – Sozialer Ausgleich

CO₂-Bepreisung soll nicht nur belasten, sondern auch sozial ausgleichend rückverteilt werden – zum Beispiel über Förderungen oder ein Klimageld. Bei Klimageld ist die politische Ausgestaltung aber noch offen. Mehr dazu etwa bei Klimageld 2025 | WiWo.

3. CO2-Preis Prognosen? Kaffeesatzleserei aufgrund vieler Einflussfaktoren

Wer auf niedrige CO₂-Preise ab 2027 aufgrund des ETS 2 tippt, geht meist davon aus, dass andere, flankierende Maßnahmen bereits ausreichend Emissionen einsparen, um die gesetzten Klimaziele zu erreichen. Nachfolgend einige dieser Einflussfaktoren:

Belohnungssysteme und Subventionen

Diese Förderungen werden bereits aktuell auch mit den Einnahmen der CO₂-Bepreisung über den KTF (Klima- und Transformationsfonds) finanziert:

  • Steuererleichterungen und Kaufprämien für E-Autos
  • Förderung klimafreundlicher Heizsysteme (z. B. Wärmepumpen)
  • Unterstützung für energetisch hochwertige Sanierungen (Dämmung, Fenstertausch, etc.)

Marktdynamik und Technologieentwicklung führen zu steigender Akzeptanz

  • Elektrofahrzeuge legen auch in Deutschland zu – Auto Motor und Sport (20.4.2025): Elektrifizierte Antriebe schwer im Plus.
  • Kleinere, erschwingliche E-Autos mit niedrigen Betriebs- und Wartungskosten fördern diesen Wandel.
  • Bei Heizsystemen führt die Betriebskostenersparnis zunehmend zur Verdrängung von Öl- und Gasheizungen. Beratungspflichten laut GEG zeigen Wirkung: Wer sich mit der Technik beschäftigt, entscheidet sich häufig für CO₂-sparende Lösungen. Eine Übersicht zum Einstieg gibt’s hier: Informationen vor dem Einbau einer neuen Heizung

Krisen und geopolitische Entwicklungen

  • Energieversorgungskrisen und Handelskonflikte, wie zuletzt durch den Ukraine-Konflikt, führen zu Preisexplosionen bei fossilen Brennstoffen. Ein lesenswerter historischer Überblick ist auf Wikipedia zu finden: Energiekrise|Wikipedia.
    Die Abhängigkeit von Energie-Importen verringern heißt somit auch: mehr Versorgungssicherheit, weniger politische Erpressbarkeit.
  • Solche Krisen sind Trigger für Nachfragesteigerungen bei regenerativen Technologien – etwa Wärmepumpen. Doch hier hinkt Deutschland im Vergleich zu unseren Nachbarn, trotz allen Krisen, noch deutlich hinterher – wir belegen eine der letzten Plätze bei Nutzung dieser bewährten Technik.

Ordnungspolitische Maßnahmen

sind in Deutschland oft emotional und negativ besetzt ( „Verbote“, „Maßregelung des mündigen Bürgers“):

  • Tempolimits (Deutschland als einzige Ausnahme)
  • EU weite Verbrennerverbote
  • Einschränkungen beim Einsatz fossiler Heizsysteme („Heizungsgesetz“)

Hinweis zur Debatte rund um das Heizungsgesetz

Ein solches Gesetz gibt es nicht. Was gemeint ist, ist das Gebäudeenergiegesetz (GEG) – eingeführt 2020 von der letzten Großen Koalition. Das GEG regelt viele Aspekte des energetischen Bauens, die Heizung spielt dabei eigentlich nur in § 71 GEG (Anforderung an eine Heizungsanlage) eine Rolle. Änderungen („Novellierung“) des GEG sind angekündigt durch die kommende Bundesregierung, aber noch nicht konkretisiert– eine komplette Abschaffung ist sicher nicht zu erwarten. Sobald es Klarheit gibt werde ich berichten.

4. Was bedeutet das für meine Heiz- und Tankrechnung?

Der CO₂-Preis ist (noch) ein relativ kleiner Anteil

Anteil CO₂-Preis am Gesamtpreis: Heizöl und Erdgas: etwa 5–10 % (ca. 1,19 ct/kWh Gas), ähnlich bei Benzin (ca. 15 ct/Liter, etwas mehr bei Diesel).
Stärkeren Einfluss auf unsere Heiz- und Tankrechnungen haben beispielsweise Schwankende Weltmarktpreise fossiler Energieträger (siehe dazu auch Abschnitt Krisen) sowie Netzentgelte (insbesondere bei Gas: zuletzt stark gestiegen und machen bereits über 20 % des Endkundenpreises aus. Hintergrund: Sinkende Nutzerzahlen bei gleichbleibenden Infrastrukturkosten führen zu steigenden Umlagen – ein absehbarer Trend)

5. Fazit: Unsicherheit ist sicher – aber Handeln hilft

Niemand kennt den CO₂-Preis der Zukunft – und schon gar nicht die Preise für Öl, Gas oder Sprit, die von weiteren Risiken wie Weltmarkt und Netzentgelten und geopolitischen Entwicklungen beeinflusst werden.

Sicher ist nur: Ab 2027 gilt zusätzlich der EU-Emissionshandel für Gebäude und Verkehr. Der Preis wird dann nicht mehr politisch festgelegt, sondern am Markt gebildet – mit all den Unwägbarkeiten, die das mit sich bringt.

Förderungen, Vorschriften und technologische Entwicklungen wirken aber schon heute – teils sogar stärker als der CO₂-Preis selbst.

Die gute Nachricht

Beim CO₂-Preis handelt es sich um eine der wenigen Lebenshaltungskosten, auf die Sie aktiv Einfluss nehmen können.

Wer sich jetzt für CO₂-arme Technologien entscheidet – und generell Energie spart –, handelt zukunftsorientiert: für Umwelt und Klima, und reduziert auch noch das Risiko für das eigene Portemonnaie.

Noch eine alte Öl- oder Gasheizung im Keller? Dann besser nicht auf den Ausfall warten, sondern frühzeitig das nächste effiziente Heizsystem planen.

Über Beratung, Konzept, Heizlastberechnung und Fördermittel-Check – ich unterstütze Sie gerne dabei, kontaktieren Sie mich.

6. Weiterführende Informationen

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